Erde Wasser Licht
2001 Oberschule für Landwirtschaft, Schloss Baumgarten, Auer
Je mehr sich die Kunst der Natur annähert, umso mehr verlässt sie den Raum der Kunst.
Wenn wir von Raum sprechen, denken wir normalerweise an den euklidischen dreidimensionalen Raum, den Raum der Mathematiker und Physiker. Raum der sich an Längen und Breitenmaßen orientiert, so wie wir es in der Schule gelernt haben. Es ist das Raum den man in Metern und Zentimetern angeben kann, der architektonische Raum, der durch feststehende Größen limitiert ist und endlich. Überall gibt es einen Horizont und überall gibt es Grenzen. In solchen Räumen fühlen wir uns sicher.
Dann und wann gibt es aber auch klar definierte, mit Mauern umgrenzte Räume, die weit über die konkreten im Leben unmittelbar erfahrbaren hinausweisen. In diesen Räumen bauen sich Beziehungen auf die es im Mathematischen Raum nicht gibt. Das Paradoxe an diesen Räumen ist, dass sie zwischen fließenden Übergängen scharf ausgeprägte Grenzen haben. Erlebbare Räume wachsen in unendliche Weiten, und zwar nicht weil Maßeinheiten aufgehoben sind, oder der Raum sich von der Wirklichkeit löst, sondern weil zwischen Menschlichem und Abstraktem ein Verhältnis entsteht. Zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Natur und Kunst. Die Unterschiede heben sich auf und verschwimmen. Sie halten das Gleichgewicht und werden dadurch nicht etwa zu etwas nur Vorgestelltem oder gar Eingebildetem, sondern zu unmittelbar erfahrbarer Wirklichkeit.
Räume können also einschränken und weiten. Entfaltungsmöglichkeiten bieten und einengen. In ihnen spielt sich unser persönliches Leben ab wie auch das kollektive. Die materielle Beschaffenheit von Räumen, die Qualität der Verarbeitung der Dinge im Raum, die Führung des Lichts, die mathematischen Größen….. das WIE von all dem bestimmt, ob Räume uns fördern oder hemmen. Der Raum als Spielwiese von Ereignissen. Wer konkreten Raum gestaltet übernimmt Verantwortung für all jene die diesen Raum nutzen, auch wenn der Raum durch jeden der ihn betritt wieder gestaltet wird. Der Raum verändert sich mit den Menschen, die sich in ihm aufhalten und mit dem Leben das sich in ihm vollzieht. Wenn wir Raum aber als Ort empfinden der etwas begrenzt, oder trennt, sei es nun Natur von Kultur oder das konkrete Ding vom ihn umgebenden Raum, schränken wir ein, statt zu verbinden. Nachdem sich aber auch der Mensch im Raum befindet und zwar nicht wie ein Gegenstand, sondern selbst Raum ist, interagiert alles mit allem.
Räume verbinden Menschen mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Räume sind gelebte Zeit.
Erde und Raum – Realität und Mythos. Kunst schreckt nicht davor zurück Dinge oder räumliche Abhängigkeiten zu verkehren. Sie ist jederzeit bereit das Draußen nach Drinnen zu holen um Perspektiven und Dimensionen zu vereinen. Sie bedient sich der Einbildungskraft als dem natürlichsten Empfinden. Jeder Eingriff wird Wirklichkeit weil er konkrete Gedanken und imaginäre Bilder verbindet. Kunst öffnet die Tür zum eigenen Ursprung, in dem sich Versuchungen ansammeln und der Wunsch das eigene Sein in seinem Untergrund zu erschließen. Sie sensibilisiert das Sichtbare, verfeinert das tägliche Leben, um zu entdecken wo man als Individuum selbst steht. Kunst ist wie der Gott der Schwelle, wie Janus mit dem doppelten Gesicht.
- In Zusammenarbeit mit Architekt Wolfgang Piller als Projektant des Gebäudes