Maringgele

2010 – Kommende Lengmoos, Ritten

Maringgele
Der Ort, an dem diese Ausstellung stattfindet – die Kommende in Lengmoos am Ritten – gehört dem Deutschen Orden, hat also etwas mit Glauben zu tun. Es ist ein Ort, an dem man den Boden unter den Füßen verliert, ein schwebender Ort. Ein Blick aus dem Fenster – Lust auf Sommerfrische kommt auf. Heuschrecken, Blumen, Schatten und Licht.

Ich lese nach, erfahre, dass Gottesanbeterin lateinisch Mantis religiosa heißt, in Südtirol Maringgele.
Dass Mantis im Griechischen Wahrsager bedeutet. Eine Aura des Geheimnisvollen umgibt diese faszinierenden Tiere. Ich lese, dass die extreme Beweglichkeit des Kopfes im Insektenreich einzigartig ist, dass sie bedornte Fangbeine hat. Wenn sie sich in Ruhestellung befindet und auf Beute lauert, sieht man das Bild eines betenden Geschöpfs.

Bekannt ist mir auch Maringgele als Stoßseufzer.
Deshalb wollte ich auch etwas machen, das diesen Stoßseufzer hervorruft es musste etwas sein, das niemals zur Gänze fassbar ist. Wenn man es betrachtet, muss Furcht und Freude gleichzeitig vorhanden sein, ebenso wie sichtbar und unsichtbar. Und wenn man dann den Blick abwendet, muss man den Eindruck haben, kaum etwas davon konkret behalten zu haben, außer diesem Eindruck, der unmittelbar danach strebt, einen erneuten Blick darauf zu werfen, um wieder nur einen Eindruck zu erhaschen. Die Besucher brauchen ihr eigenes unfassbares Bild. Grundsätzlich aber geht es um Raum, um Raum geben.

Wieviel Raum geben wir unseren Träumen, Hoffnungen und Ängsten? Wieviel Raum geben wir dem, woran wir glauben?
Maringgele steht als Bild dafür: zum einen als weibliches Wesen, dem man Kannibalismus nachsagt, auch wenn es nur für den Erhalt der Art sorgt; zum anderen als anpassungsfähiges Wesen; Maringgele als Gottesanbeterin und damit als Bild für etwas nicht Greifbares oder Fassbares.
Alles hängt damit zusammen, aus welcher Perspektive man die Dinge betrachtet oder wie raumgreifend die Dinge unsere Vorstellung in Anspruch nehmen.

Also ist meine Gottesanbeterin… einfach nur ein raumhoher Gedanke, sonst nichts und meine beiden Räume sind wie Tag und Nacht, der eine dunkel, der andere hell und vollkommen still.